Der wartende Tod

Gestern hab ich mich mal wieder mit meinem Vater getroffen.

Dieser mußte mir gleich eine schlimme Nachricht anvertrauen.

Einer seiner engsten Freunde liegt im Sterben.

Sein Freund ist wie mein Vater Mitte fünfzig und vor einem Jahr wurde Krebs diagnostiziert.

Dann war wohl alles weg und das bleibende Restrisiko hat sich bei ihm so negativ geäußert ,das nun keine Heilungschancen mehr bestehen.

Nun will man sich auf medizinischer Sicht nur darüber klar werden ,ob man ihm nun eine leichte Lebendverlägerung verschafft oder ob diese Maßnahme zu einer so kurzfristigen Lebensverlängerung führt ,das sich der Einsatz mit allen drum herum überhaupt noch lohnt oder ob sie ihn gleich ohne Behandlung nach Hause entlassen.

Hier geht es wahrscheinlich um 3 oder 6 Monate..aber das Urteil des Lebens steht fest.

Der Mann ist geschieden und hat einen Sohn in meinem Alter ,aber ich weis nichtmal ob er zu ihm überhaupt noch Kontakt hat.

Man sah meinem Vater an ,das er unter der Tatsache sehr leidet.

Mein Vater ist eigentlich nicht der Typ der mir fassungslos gegenübersteht und nicht richtig weis wie er sich verhalten soll und nicht weis ,wie er das verkraften soll.

Er weis nichtmal ob ihn sein Freund in diesem Zustand nochmal sehen will und er weis auch nicht ,ob er es durchhalten würde ihn zu sehen.

Für ihn steht fest ,ist es sein Wunsch ,wird er ihn besuchen auch wenns noch so weh tut.

Vielmehr quält mein Vater aber die Sitiuation mit der er nun vor seinem Freund umgehen muß.

Wie soll er sich ihm stellen?

Er kann ja schlecht reinkommen und ihm Mut zu sprechen und sagen „Das wird schon wieder!“

Es wird ja eben nicht wieder.

Eine Situation im Leben meines Vaters mit der er nicht so recht umgehen kann und die ihm schon viele schlaflose Nächte bereitet haben.

Nun hat der Freund meines Vaters auch schon seit Jahren wieder eine neue Freundin ,die natürlich auch mit den Nerven völlig am Ende ist.

Da sich mein Vater seinem Freund sehr verbunden fühlt ,möchte er das Leiden der Freundin auch noch durch ellenlange Gespräche auffangen ,dabei kommt er nichtmal für sich mit dieser Situation klar.

Die Situation ließ meinen Vater auch wieder die unvermeidliche Tatsche des Todes für alle präsent werden.

Wenn jemand aus seiner Mitte gerissen wird ,dann beschäftigt er sich auch generell mehr mit dem Thema Tod und auch seiner eigenen Vergänglichkeit.

Ich habe das an seinen Erzählungen und seinen weitreichenden Plänen gehört.

Durch das Bewußtwerden der Tatsache seiner eigenen Sterblichkeit und das alles manchmal ganz schnell gehen kann ,schwankt er zwischen Trauer um seinen Freund und Wehmut was sein eigenes Alter angeht und dem Drang seine verbleibenden Zeit möglicht Sinnvoll zu gestalten.

Schon gehen die Planungen bis in den Sommer hinaus ,was er noch alles an menschlichen Tagen und Familiären Erlebnisse bisher aus Zeitmangel auf die lange Bank geschoben hat.

Daher will er mit seiner Frau und seinem Sohn (ich ) und seinen Enkeln dieses Jahr soviel unternehmen ,wie ich es in den letzen 10 Jahren nicht von ihm gewöhnt war.

Der Tod oder nur der anstehende Tod eines geliebten Menschen ,läßt allzu oft die „Überlebenden“ (zumindest kurzfristig) enger zusammenrücken.

Familien kommen wieder zusammen und verkrachte Freunde beenden endlich ihren Streit.

So traurig auch der Tod eines geliebten Menschen ist ,aber paradoxerweise läßt er seine Hinterbliebenden manchmal intensiver und bewußter leben.

…in diesem Sinne…Danke fürs Lesen

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