Fernbeziehung

Es ist zwar schon ewig lange her aber ich kann mich noch gut daran erinnern.

Es war Anfang der 90er Jahre konnte ich nicht viel dagegen tun und ging eine Fernbeziehung ein.

Wir beide hatten uns im Urlaub kennen gelernt und irgendwie war es sofort mehr als ein Urlaubsflirt und es gab für uns beide keine Alternative als das über die Distanz von 600 Kilometern zu versuchen.

Urlaub zuende und nun saß ich in Berlin und sie weit im Süddeutschen Raum.

Diese Entfernung war für mich damals noch weiter und noch mehr Barrierenbehaftet als heute.

Damals war eben das Telefonieren noch extrem teuer und eine Zugfahrt dauerte immer über 8 Stunden.

An Billigflieger war ja damals noch nicht zu denken.

Heute kann man umsonst übers Internet Stundenlang telefonieren ,sogar mit Webcam oder per Internet sich den günstigsten Flug raussuchen.

Früher war das immer eine halbe Weltreise.

So ließen wir uns nun darauf ein das jeder ja praktisch in seiner Stadt sein leben weiterlebte und an den Wochenenden oder im Urlaub/Ferien konnte man sich dann länger sehen.

Die übliche Pendelei Freitags irgendwo hinzufahren und dann am Sonntan mit dem letzt möglichen Zug zurück teilten mit mir damals noch anderen ,wenn man sich so die Szenen auf den Bahnhöfen ansah.

Auch im Zug selber konnte man gut erkennen ,wer nach einer Arbeitswoche nach Hause fuhr und für wen das Leben jetzt erst wieder richtig begann..zumindest übers Wochenende.

Ich habe die Tatsache schnell akzeptiert, das man am Sonntag eben wußte ,das es wieder eine Woche dauern würde.

Manchmal fiel es mir ein bisschen schwerer und mal nicht ganz so schwer.

Oft habe ich die Nachteile der Beziehung auch als Vorteil gesehen.

Am Wochenden war ich dann für sie da und in einer anderen Welt und dann ging ich eben wieder zurück und hatte da meine Freunde und alles was einem so an der Heimat nahe steht.

Ich fand es sogar manchmal so besser.

Mein Argument war immer ,das man sich an an den Wochenenden mit „gemeinsamer Energie“ versorgen konnte und dann ist man wieder gesärkt für die Woche.

Sie sah das nie so.

Für sie war jeder Abschied, besonders in den ersten Jahren immer eine Qual.

Das Argument ,das jeder nun erstmal seins macht und das wir uns aufeinander freuen können ,war nicht ihr Argument.

Sie konnte die Zeit nicht mit Vorfreude überbrücken ,wollte mich eher gar nicht mehr hergeben ,ich hingegen genoß die Zeit bei ihr aber auch die Zeit ohne sie.

Kurz mir machte es nicht soviel aus, das ich jetzt wieder nach Hause mußte (oder sie) weil ich ja wußte das wir uns in 4 Tagen wieder sehen werden.

Aber scheinbar ticken da Frauen und Männer anders.

An den Wochenenden klebten wir dann ziemlich oft und eng zusammen ,was ich aber nach einer Arbeitswoche nicht so schlimm fand.

Meine Überzeugung von dem langen Bestand der Beziehung begründete ich auch dadurch ,das wir uns ja nicht täglich sahen und uns daher nicht überdrüssig werden konnen oder uns irgendwie auseinander leben konnten.

Beide hatten wir auch die Meinung das eine Liebe die so eine große Entfernung überbrückt und der soviel Steine (teuer telefonieren,lange fahren,lange warten) in den Weg gelegt werden vielleicht sogar stärker ist,wenn sie sich durch die Komponenten nicht auseinander reissen läßt.

Nun lebte der eine da und der andere da und ab und zu betrat der eine mal die Welt des anderen.

Aus einer Urlaubsbeziehung ist eine Beziehung geworden ,die immernoch in der Freizeit stattfand und somit immernoch irgendwie eine Urlaubsbeziehung war.

Der Gedanke daran irgendwas zu ändern hatten wir schon ,aber ich für mich schob ihn immer für mich voraus.

Nach dem Motto „Klar werden wir irgendwann irgendwo zusammenziehen ,aber erstmal …“.

Sie nahm das Problem schon ,für ihre Möglichkeiten , stärker in die Hand und ließ immer die Option stehen in Berlin zu studieren ,wenn es auch nur ein Semester wäre.(zur Probe praktisch).

Ich hatte das bestreben enger zusammen zu rücken auch aber immer mit dem Gedanken ,lieber morgen oder nächstes Jahr als jetzt.

Mir ging ja auch unter diesen Umständen gut und ich fand die Beziehung ja so ok wie sie war.

Dazu kommt noch ,das ich zu Hause ein klassisches Singleleben führe, (also kein Fremdgehen) aber kochen und Wohnen und das Gefühl der eigene Boss im Leben zu sein.

Das hätte ich aufgeben müssen ,welcher Gedanke mir nicht so gefiel.

Für mich war eben das Single Leben mit Wochenendausstiegsklausel angenehmer als der Gedanke einer täglichen Beziehungen mit Verpflichtungen und Abwaschen und regelmäßig arbeiten gehen und den Müll rausbringen und absprechen wenn man mal weggeht.

Mein Leben was ich damals führte war nicht mit dem Beziehungsleben zu decken ,was sie sich dann vorstellte..also schob ich die nächste Evolutionsstufe der Beziehung auf eine ganz lange Bank.

Nun passierte aber was ,was ich nie gadacht hätte.

Das fahren an den Wochenden zu ihr oder ihr Besuch wurde immer mehr Gewohnheit.

Berechenbare Gewohnheit.

Obwohl wir zueinader doch ziemlich offen waren ,gabs doch immer eine dünne Maske die man sich aufsetzte ,wenn man sich sah.

Ich habe gearbeitet wenn mir mal gerade ein Job zugeflogen kam, wenn das Geld von meinen Eltern kam ,dann brauchte ich mir also nicht die Finger schmutzig machen und morgens aufzustehen.

Ihr Leben sah aber im Idealfall viel planbarer aus als meine pure Lebensanarchie.

Nun gab man sch bei Besuchen immer etwas ordentlicher und arbeitsstrebsam als man wirklich war und war sie weg oder kam man zu Besuch ,ließ man dann wieder fünfe grade sein.

Da sich in meinem Leben auf Jahre gesehen nicht viel verändert hat und auch meine Lebenseinstellung um 14 Uhr mal zu sehen was der Tag bringt auch nicht abgestellt wurde trieb uns oft in einen großen Streit.

Hatte ich einen Gelegenheitsjob (irgendwoher muß ja das Geld für die Zugfahrt kommen) ging es dann ein bisschen besser…war ich wieder zufriedener Arbeitsloser 14 Uhr Aufsteher ,war wieder Streit vorrpogrammiert.

So hatte wir irgendwann die Woche zu Hause aber das freuen aufeinander war nicht wegen der verschiedenen Vorstellungen vom Leben abhanden gekommen.

Für mich war es dann nur noch Gewohnheit ,als würde ich zu meiner Schwester fahren.

Würde man mal ausklammern ,das wir noch ab und zu miteinader ins Bett gegangen sind , könnte man auch annehmen das es meine Schwester ist.

Das Feuer der Liebe war zu einem Kaugummi geworden ,den man irgendwie trotzdem nicht ausspucken wollte ,aber nur weil man dann gar nichts mehr im Mund hat und sich schon an ihn gewöhnt hat.

Sie hat so oft auf mich eingeredet ,ich sollte mein Leben in den Griff bekommen sonst weis sie nicht wie die Beziehung weiter gehen soll.

Auch in den letzten Phasen der Beziehung merkte ich das ihr noch sehr viel dran lag, das ich ein anderes Leben führen sollte und in den geregelten Verhältnissen könnte man sich dann weiterentwickeln.

Auf den in der Zukunft Möglichen Satz „Kann nicht kommen ,das Sozialamt zahlt nicht “ hatte sie weder Lust noch würde sie das Leben ihres Partners auf diesem Niveau respektieren können.

Klar ,wenn sie sich so eine Familie vorstellt und ich mag es aber lieber mal 4 Tage das Bett nicht zu verlassen ,das ist schon nicht der Idealfall.

Da hält so eine Frau wirklich nur noch die Liebe und die Hoffnung das sich das mal ändern würde.

Irgendwann war es dann soweit ,sie hatte jemanden neuen kennen gelernt, dem sie Gefühlsmäßig nicht so nahe stand wie mir aber er erfüllte die Ernährerrolle besser.

Die Trennung wäre sicherlich viel schneller über die Bühne gagangen ,wäre ich dann nicht nochmal (aus verletztem Stolz) zur Hochform aufgelaufen und hätte auf einmal den Liebesbriefe schreibenden Romeo markiert ,der dann sich selbst um Bewerbungsgespräche kümmert und der immer entweder von wahrer Liebe faselt oder vom Knoten der angeblich zur Änderung des Lebens geplatz sein soll.

Dieses kurzfristige Wandlung ließ sie lange noch zwischen den Stühlen sitzen ,aber sie steckte wohl schon zu sehr in ihrem Problem des mir Glaubens fest.

Wäre ja auch nicht so toll ,da ja alles meine Taktik war und das wird sie zum Teil auch so gesehen haben.

Jedensfalls konnte sie sich lange nicht für mich oder für ihn entscheiden ,sodass ich dann aus Kampfesmüdigkeit das Schlachtfeld verließ.

Wir einigten uns dann auf das scheinheilige Versprechen ,das wir mal ein bisschen Zeit ins Land gehen lassen und dann in ein paar Monaten gucken ,was sich verändert hat um dann vielleicht noch einen Versuch zu starten.

Zu einer strikten Trennung konnte sie sich nicht aufraffen sondern immer so eine Aussage mit Hintertür.

Die komische Moral der (wahren) Geschichte ist ,das Beziehungen oft daran kaputt gehen ,wo man es eigentlich nicht erwartet.

Wenns die doch zu große Entfernung gewesen wäre ,hätte man mit rechnen können.

Aber wie man sich in einer Wochenendbeziehung so entfernen kann ist mir ein Rätsel.

Das gute an der Geschichte:

Ich habe dann mein Leben so in den Griff bekommen ,wie sie es immer von mir haben wollte.

Erst um es ihr zu beweisen und dann weil ich mich selber darin wohl fühlte.

Gut 4 Jahre für eine Urlaubsbeziehung ist doch schon nicht schlecht..wer hat sonst so lange Urlaub?? ;-))

..in diesem Sinne…Danke fürs Lesen ..auch wenns ein bisschen länger war ,konnte mich aber dabei nicht kürzer fassen ,was raus muß muß raus.

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